Klingende Kostbarkeiten aus Tirol 64

Tiroler Tage für Kirchenmusik 2009
Ignaz Mitterer (1850 Vergein-St. Justina/Osttirol Brixen/Südtirol 1924)
Missa solemnis op. 98 & op. 150
Te Deum op. 114 b, Graduale & Offertorium op. 122
Ignaz Mitterer gehört zu den besten und angesehensten Repräsentanten der Kirchenmusik seiner Generation. Er war die führende Persönlichkeit der Stilrichtung der sog. Cäcilianer, die danach trachteten, die vielfach profanisierte und damit säkularisierte Kirchenmusik zu einer edlen und erhabenen Ausdrucksweise zurückzuführen. Als Vorbild dieser reformistischen Bewegung galt der Sakralstil der altklassischen Vokalpolyphonie, der in der Kompositionen Palestrinas und Lassos seine ideale Verwirklichung fand. Diese erhabenen Werke waren natürlich auch für Mitterers Kompositionsstil prägend, wenngleich er im Unterschied zu vielen seiner Zeitgenossen keine Stilkopie anstrebte, sondern die Ideale dieser Musik mit zeitgemäßen Ausdrucksmitteln zusammenfügte. Von den Vorbildern übernahm er die Eleganz der Stimmführung, die Kunstfertigkeit der Polyphonie sowie die Ehrfurcht in der musikalischen Umsetzung der heiligen Texte. Diese Grundsätze seiner Ausdrucksweise verband er in einer kunstvollen Synthese mit moderner Harmonik und geschickter Instrumentation, die nicht das plakative Element in den Vordergrund stellte, sondern mit fantasievoll eingesetzten Klangfarben und deren unterschiedlichen Kombinationen wirkungsvoll der Versinnbildlichung des Textgehalts diente. Mitterer verstand sein kompositorisches Schaffen als Teil seines pastoralen Engagements, als Ausdruck der Verherrlichung Gottes, als klingendes Gebet. So stand für ihn auch das Wort im Mittelpunkt, das durch die Musik einen beseelten Ausdruck erhielt.

Der liturgische Text ist gewissermaßen in ein klingendes Ambiente gestellt, dessen Präsenz von Würde und Erhabenheit bestimmt ist. Die Vielgestaltigkeit im Sinngehalt des Textes wird jedoch nicht für vordergründige musikalische Effektmalerei missbraucht, sondern die Musik wird unaufdringlich zur Bestärkung und Verdeutlichung von Glaubenswahrheiten eingesetzt. So ist Mitterers Kirchenmusik neben der Intention des sakralen Kunstwerks zur Verherrlichung Gottes auch Teil seines katechetischen Wirkens als Priester.
Ignaz Mitterer stammte aus einer musikalischen Familie. Schon als Gymnasiast in Brixen verfasste er erste Kompositionen, und während seines Theologiestudiums in dieser Stadt blieb ihm die Musik eine Lieblingsbeschäftigung. Brixen, damals diözesaner Mittelpunkt Tirols, war eine Keimzelle cäcilianischer Bewegung. In diesem Ambiente hatte Mitterer begonnen, sich für die Reformidee zu begeistern, dazu umfassenden Musikunterricht bei hervorragenden Professoren an der renommierten Kirchenmusikschule in Regensburg genossen. 1880/82 hielt er sich am Kolleg S. Maria dell"Anima in Rom auf, hier konnte er wiederum an erster Quelle die altklassische Vokalpolyphonie studieren.
Unter seiner Ära als Domkapellmeister in Brixen (1885-1917) wurde diese Stadt durch seine Persönlichkeit in der Musica sacra international tonangebend.

Track 1, 4:44 (ausgeblendet bei 2:50)
Ignaz Mitterer (1850 Vergein-St. Justina/Osttirol - Brixen/Südtirol 1924)
Kyrie
aus Missa solemnis, C-Dur, op.98
in laudem Sanctissimi Salvatoris ineunte saeculo
post Christum Nativitatem XX,
1900